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Verbundenhei(l)t: eine Reihe zum Thema „Gemeinschaft heilt“

„Wer das helfende Wort in sich aufruft, erfährt das Wort, wer Halt gewährt, verstärkt in sich den Halt, wer Trost spendet, vertieft in sich den Trost, wer Heil wirkt, dem offenbart sich das Heil.“ (Martin Buber)


Die Juni-, Juli- und Septemberbeiträge konzentrieren sich auf den Menschen als soziales Wesen, der (neue) Erkenntnisse in Gemeinschaft sucht und finden kann. Dieser Beitrag behandelt das Potenzial, das Verbundenheit in Gruppentherapien für uns hat.

 

 

Gruppenpsychotherapie ist bei unterschiedlichen psychischen Erkrankungen häufig ebenso förderlich wie eine Einzeltherapie – manchmal führt der Austausch in und mit der Gruppe sogar zu besseren Möglichkeiten der Arbeit an eigenen Themen. Wir sind in Gemeinschaft, können uns dort nicht nur mit den Therapierenden, sondern insbesondere anderen, die möglicherweise Ähnliches erlebt haben und wie wir empfinden, austauschen. Teilnehmende geben sich nicht nur gegenseitig Feedback, sondern wir öffnen uns mit den anderen auch uns selbst, können Situationen neutral(er) und neu einschätzen.

Die Grundannahme des „Dialogischen Prinzips“ geht auf Buber zurück und wurde von Perls (1966) aufgegriffen: „Du bist du, und ich bin ich. Erst muss ich mich finden, um Dir begegnen zu können. Ich und Du, das sind die Grundlagen zum wir. Nur gemeinsam können wir das Leben in dieser Welt menschlicher machen.“ (zit. nach Turecek, 2010) Unterschiedliche Ausprägungen der Psychotherapie orten Heilung im Erleben von Beziehung (vgl. ebda.)

 

 

Wie in anderen Gemeinschaften fördert das Miteinander nicht nur die Verbundenheit, die heilsam sein kann, sondern sie fordert auch die einzelnen Teilnehmenden, neue Perspektiven einzunehmen. Die Gruppe unterstützt, hält und konfrontiert gleichermaßen. Einzelne Themen, die außerhalb von verbindender Gemeinschaft womöglich niemals angesprochen werden würden, tauchen in der Interaktion auf, unterdrückte Verhaltensweisen und Gefühle werden in geschützter Umgebung offenbar. 

Nur in der Gruppe erleben wir die zahlreichen Dimensionen eines Problems, wir spüren Reaktionen und Affekte, stärken oder frischen interpersonale Fertigkeiten auf und lernen über andere, uns selbst zu verstehen. Hier sind wir wieder Kinder, die durch Beobachten und Ausprobieren lernen, verstehen und Erlebtes integrieren können.

 

 

Bereits Moreno hat sich mit der Gemeinschaft und Wirkung der Gruppe beschäftigt und im Psychodrama eine „Einladung zur Begegnung“ gesehen. Das Gruppensetting hat er als heilsame Begegnungsmöglichkeiten verstanden. „Dies geschieht, indem frühere schädigende Beziehungserfahrungen oder ein aktuelles Thema mithilfe der Gruppe in einem therapeutischen Setting im Hier-und-Jetzt neu inszeniert und so neue Handlungs- und Erlebensweisen ausprobiert und erfahren werden können.“ (Turecek, 2010)

Die Gemeinschaft ermöglicht uns demnach neue Erfahrungen in Interaktionen, Reflexionen und eine Realitätsüberprüfung. Sie führt außerdem zu einer Verbesserung der sozialen Wahrnehmung und stärkt die Verbundenheit zwischen den Teilnehmenden, die nach und nach ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln, das wiederum dazu führt, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen.

 

Moreno erläutert, dass im Psychodrama „nicht nur vergangene, gegenwärtige und zukünftige real erfahr- und vorstellbare Episoden gespielt und erlebt“ werden, sondern es „können auch Erfahrungen gemacht werden, die über die Wirklichkeit hinaus ein neues und umfassenderes Wirklichkeitserlebnis ermöglichen“ (zit. nach Hutter & Schwehm, 2012). Nicht nur durch nachahmendes Verhalten und Ausprobieren werden in Gemeinschaft unterschiedliche Identifikationen ermöglicht. Therapierende agieren wie Gruppenmitglieder als Hilfs-Ichs, die einen „Wirklichkeits-Mehrwert“ (Hutter & Schwehm, 2012) bringen, worauf im Herbst eingegangen wird.

 

 

Einen schönen Sommer, bleiben Sie gesund!

 

Literatur:

E. Turecek: Heilung durch Beziehung, 2010.

C. Hutter, H. Schwehm: J. L. Morenos Werk in Schlüsselbegriffen, 2012. 

Bilder:

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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