Im Dezember 2019, kurz vor einer Veränderung, die unser aller Leben auf den Kopf stellen würde, hatte ich die Möglichkeit, an Dan Tomasulos Workshop „Positive Psychology in Action“ am Hudson Valley Psychodrama Institute (HVPI) in Highland, New York teilzunehmen.
Das HVPI wurde von Judy Swallow und Rebecca Walters gegründet, die es aktuell auch leiten. Swallow war Vorsitzende des amerikanischen Prüfungsausschusses für Psychodrama, Soziometrie und Gruppenpsychotherapie und ist Fellow der Amerikanischen Gesellschaft für Gruppenpsychotherapie und Psychodrama. Walters ist die Preisträgerin des J.L.-Moreno-Preises 2018 für herausragende lebenslange Beiträge auf dem Gebiet des Psychodramas. Das HVPI bietet seit dem Jahr 1989 laufend Schulungen in Psychodrama und Handlungsmethoden für Gruppen- und Einzeltherapie an.
Der Ort, an dem der Workshop stattgefunden hat, war der Sitz des HVPI, Boughton Place, das zusätzlich als Unterkunft diente. Das Besondere daran: Hier ist Morenos originale Psychodrama-Bühne beheimatet. Diese Bühne wurde im Jahr 1938 in Beacon, NY, gebaut und im Jahr 1986 abgebaut und nach Boughton Place verlegt. Der 1000 Quadratmeter große Theaterraum am Boughton Place, der einer der letzten Schülerinnen Morenos, Clare Danielsson, gehörte, war allerdings zu klein, um die breiteste Basisebene der Bühne zu beherbergen. Die restliche Bühne ist aber erhalten geblieben und wird hier seit 1986 von zahlreichen Psychodramatikerinnen und Psychodramatikern sowohl als Ausbildungs- als auch als Praxisort genutzt.
Abb. 1: Originale Moreno-Bühne
Im Rahmen des Workshops habe ich (weitere) Möglichkeiten erfahren, wie Handlungsmethoden eingesetzt werden können, um das Ergebnis positiver therapeutischer Interventionen zu verbessern. Der Workshop selbst stellte sich dabei als Kombination aus theoretischen Erörterungen zum Thema und praktischer Arbeit heraus. Ein Fokus lag auf den Erfahrungen des Vortragenden Dan Tomasulo, Ph.D. Tomasulo hat als erster lizenzierter Psychologe und Psychodramatiker im Jahr 2012 den Master of Applied Positive Psychology an der University of Pennsylvania erhalten.
Im Workshop wurde gezeigt, wie je eigene Ressourcen des Wohlbefindens anhand spezifischer psychodramatischer Methoden erschlossen und aktiviert werden können. Zusätzlich hatte ich die Möglichkeit, diese (neuen) Interventionen durch die Arbeit an eigenen Themen zu erproben. Grundsätzlich kann Positive Psychologie dazu beitragen, selbstaktiviert Heilung zu erfahren, indem man sich seiner Stärken bewusst wird und sich auf die positiven Momente sowie Glücksgefühle konzentriert. Dabei hängt die Positive Psychologie, auf der bereits Morenos psychodramatisches Arbeiten fußt, eng mit dem Psychodrama und der Positiven Psychotherapie zusammen, deren Interventionen vielfach kombiniert werden können. Sie bildet mit der Thematisierung von Vergebung, Solidarität, Glück, Optimismus, Geborgenheit, Vertrauen und dem Herausfiltern individueller Stärken das Gegenstück zu einer „traditionellen“ Herangehensweise, die sich eher mit (menschlichen) Defiziten auseinandersetzt, wenngleich die Positive Psychologie auch Schwächen thematisiert. Die Konzentration liegt allerdings darauf, wie individuelles und/oder gesellschaftliches (Lebens-)Glück generiert werden und auf welche Weise es zu Verbesserungen bestehender Situationen kommen kann.
Tomasulo wählt das Geschichtenerzählen und die persönliche Erzählung als Mittel zur Erholung von negativen Emotionen, das dabei helfen kann, zu inspirieren, zu bewegen und es zu ermöglichen, sich besser mit spezifischen Themen auseinanderzusetzen. Tomasulo zufolge sei das traditionelle „Happy ever after“ zwar das Ende einer fiktiven Geschichte, in der Positiven Psychologie allerdings der Anfang der wirklichen Geschichte. Wie andere beruft auch Tomasulo sich bei seinen Ausführungen auf zentrale Charakterstärken und Tugenden, die nach Peterson & Seligman (2004) in sechs Typen unterteilt werden.
Die Übungen und Aktivitäten führen dazu, sich von vergangenen negativen Ereignissen zu lösen, die Perspektive auf den gegenwärtigen Moment zu verlagern und die Zukunft dadurch positiver zu sehen. Interessant zu sehen war, wie die Anwendung psychodramatischer Standardtechniken (u. a. leerer Stuhl, Doppeln, Rollentausch, Spiegeln) den Ausdruck von Dankbarkeit, Mitgefühl, Vergebung und Widerstandsfähigkeit (positiv) beeinflussen kann. Ganz besonders hilfreich war die Thematisierung der Resilienzfähigkeit. Hier konnte ich zahlreiche Erkenntnisse für meine eigene Arbeit hinsichtlich der psychodramatischen und -therapeutischen Behandlung von Traumata gewinnen.
Aufenthalt am 7. und 8. Dezember 2019 am Hudson Valley Psychodrama Institute in Highland, New York
Literatur:
o. V. (2019), Positive Psychology in Action, Integrating the Power Of Psychodrama With Positive Psychology, online: http://www.hvpi.net/positive-psychology-in-action/ [04.02.2020]
o. V. (o. J.), Boughton Place, Arts/Psychodrama, online: http://www.boughtonplace.org/artspsychodrama.html [04.02.2020]
Peterson, C.; Seligman, M.E.P. (2004), Character strengths and virtues: A handbook and classification. American Psychological Association; Oxford University Press.
Platt, F.M. (2013), Psychodrama in Highland to help restore historic stage, online: https://hudsonvalleyone.com/2013/10/17/psychodrama-in-highland-to-help-restore-historic-stage/ [04.02.2020]
Tomasulo, D. (2019), Beautiful Thinking in Action, online: https://www.linkedin.com/pulse/beautiful-thinking-action-dan-tomasulo [04.02.2020]